Vettel warnt Hamilton, Sprache als Schlüssel zum Ferrari Erfolg
Eine anspruchsvolle erste Saison
Lewis Hamiltons erstes Jahr bei Ferrari verlief bisher deutlich schwieriger, als viele Experten erwartet hatten. Nach einer Karriere ausschließlich bei britischen Rennställen, darunter mehr als ein Jahrzehnt bei Mercedes, bedeutete der Wechsel nach Italien einen abrupten Umbruch.
Die Ergebnisse auf der Strecke sind wechselhaft, und abseits davon haben Ferrari Verantwortliche Hamilton bereits mehrfach darum gebeten, öffentliche Kritik zurückzufahren.
Hamilton kam 2024 mit dem Ziel, Ferraris langjährige Titelserie zu durchbrechen. Doch seine ersten Monate haben vielmehr gezeigt, wie komplex das Umfeld in Maranello sein kann, besonders für Fahrer, die nicht aus der italienischen Motorsportkultur stammen.
Die Fabrik und der Alltag des Teams sind tief italienisch geprägt, was selbst erfahrene Champions vor Hürden stellt.
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Vettel blickt auf seine eigene Zeit zurück
Sebastian Vettel, der Ferrari 2015 nach vier WM Titeln mit Red Bull beitrat, erklärte im Podcast Beyond the Grid, dass er inzwischen erkannt habe, wie entscheidend echte Integration ist, um in Maranello anzukommen.
„Der Wechsel zu Ferrari, natürlich ist das ein großer Unterschied“, sagte Vettel. „Das Herz und die Kultur des Teams sind italienisch, die Sprache ist Englisch.“ Er betonte jedoch, dass sich ein Team nicht allein über Meetings und technische Gespräche definiert.
Viele Mitarbeiter im Werk sprechen nur begrenzt Englisch, was Distanz schaffen kann. „Wenn du eine Sprache nicht wirklich gut sprichst, kommst du zurecht, aber verstehst du die Leute wirklich, verstehst du die Kultur?“
Vettel gab zu, dass er selbst glaubte, gut vorbereitet zu sein, bis er später merkte, dass er die Bedeutung der Sprache unterschätzt hatte.
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Er lernte Italienisch, aber hätte rückblickend mehr Zeit im Land verbringen sollen, um Alltag und Denkweise der Menschen besser zu verstehen.
Die Bedeutung von Sprache und Zugehörigkeit
Ferrari nimmt in der Formel eins eine Sonderrolle ein. Obwohl Englisch die technische Standardsprache ist, finden viele Gespräche abseits der Meetings in italienischer Sprache statt, egal ob in der Fabrik, im Catering oder im engen Arbeitsumfeld während Rennwochenenden.
Frühere Stars wie Michael Schumacher, Fernando Alonso und Kimi Räikkönen mussten sich ebenfalls anpassen, wobei Schumacher durch echte kulturelle Einbindung besonders hervorstach.
Vettel sagte, er habe Hamilton unmittelbar nach dessen Verpflichtung geraten, Italienisch „sehr, sehr gut“ zu lernen.
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Hamilton hat inzwischen mit dem Unterricht begonnen und offen darüber gesprochen, doch laut Vettel ist Sprachkenntnis nur ein Baustein im Prozess, Vertrauen und Nähe innerhalb der Mannschaft aufzubauen.
Druck und Spannungen im Team
Hamiltons Schwierigkeiten gehen über reine Kommunikation hinaus. Beim Las Vegas Grand Prix qualifizierte er sich als Letzter und hinterfragte während des Rennens die Strategie des Teams über Funk, nachdem er auf den zehnten Platz zurückgefallen war.
Teamchef Fred Vasseur forderte ihn später auf, Ruhe zu bewahren und betonte, das Wochenende sei zwar emotional, aber lösbar gewesen.
Mehrere italienische und britische Medien berichten, dass Ferrari Führungskräfte Hamilton und Charles Leclerc ermahnt haben, teaminterne Probleme nicht öffentlich zu diskutieren.
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Hamilton führte zu Jahresbeginn eine detaillierte Analyse der Ferrari Arbeitsabläufe durch und schickte die Ergebnisse an leitende Angestellte. Obwohl als konstruktiv gemeint, empfanden einige Mitarbeiter diesen Schritt angeblich als verfrüht.
Ferrari Präsident John Elkann forderte beide Fahrer daraufhin auf, weniger zu reden, ein Zeichen dafür, wie sensibel Kommunikation im Team wahrgenommen wird.
Ein langer Vertrag, aber begrenzte Zeit
Hamilton ist bis 2027 an Ferrari gebunden und hat damit genügend Zeit, sich weiter einzuleben. Doch die Formel eins ist ein erfolgsorientiertes Umfeld, und Ferraris Erwartungen sind hoch.
Vettels Mahnung ist nicht als Kritik gemeint, sondern als Versuch, einem Kollegen zu helfen, Fehler zu vermeiden, die Ex Piloten erst im Rückblick voll verstehen.
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Ferrari bleibt eines der emotionalsten und anspruchsvollsten Teams im Motorsport. Erfolg setzt dort mehr voraus als reine Geschwindigkeit, nämlich Geduld, kulturelles Verständnis und echte Nähe zu den Menschen, die die Autos entwickeln und betreuen.
Wie schnell Hamilton diesen Zugang findet, könnte über die nächsten Jahre seiner Karriere entscheiden.
