Ukrainische Wasserspringerin verliert Titel nach Entscheidung, künftig für Russland anzutreten
Eine Entscheidung, die Sportfunktionäre überraschte
Die 23-jährige Olympiateilnehmerin Sofiia Lyskun, die die Ukraine bei den Spielen in Tokio 2020 und in Paris 2024 vertreten hatte, kündigte in einem Interview mit der Moskauer Zeitung Izvestia an, die Sportnationalität wechseln zu wollen. Ihre Aussagen verbreiteten sich schnell in russischen Medien, laut Ziare.com.
Der ukrainische Wasserspringerverband erklärte gegenüber Reuters, dass weder Trainer noch das Sportministerium vorab informiert worden seien. Die Nachricht habe die Verantwortlichen ebenso überrascht wie die Öffentlichkeit.
In einer von Reuters zitierten Stellungnahme kritisierte der Verband den Schritt deutlich und erklärte: „Astfel de acţiuni sunt categoric inacceptabile“. Man betonte zudem, dass solche Entscheidungen nicht nur der Athletin, sondern auch „întreaga echipă a Ucrainei, care luptă în fiecare zi cu altruism pentru dreptul de a reprezenta ţara noastră pe scena internaţională“ schadeten.
Der Verband kündigte außerdem an, internationale Sportorganisationen zu informieren und eine sportliche Quarantäne für die Athletin zu beantragen „în conformitate cu standardele internaţionale actuale“.
Warum der Schritt weit über den Sport hinausreicht
Lyskun steht im Zentrum eines Falls, der weit über eine persönliche Karriereentscheidung hinausgeht. Seit dem russischen Einmarsch 2022 sind die meisten russischen und belarussischen Athleten von Weltmeisterschaften und zahlreichen internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen, nach Angaben von Reuters. Nur wenige durften bei den Spielen in Paris als neutrale Athleten starten und mussten strenge Vorgaben einhalten, die jegliche staatliche Symbolik untersagten.
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In der Ukraine wird der Sport seit Beginn des Krieges zunehmend als Ausdruck nationaler Identität gesehen. Wenn eine prominente Athletin erklärt, künftig für Russland anzutreten, wird dies oft nicht als rein sportliche Entscheidung verstanden, sondern als politisches Signal in Zeiten eines militärischen Konflikts. Der Schritt von Lyskun löste daher besondere Empfindlichkeiten aus.
Die Begründung der Athletin
Lyskun erklärte in ihrem Gespräch mit Izvestia, dass sie sich im ukrainischen Trainingssystem nicht mehr weiterentwickelt habe. Sie beschrieb ihre Trainer als „toţi gimnaşti sau sportivi de trambulină“, laut Ziare.com, und deutete an, dass ein Nationenwechsel aus ihrer Sicht der einzige Weg gewesen sei, sportlich voranzukommen.
Nationwechsel im Sport kommen vor und sind im internationalen Umfeld nicht ungewöhnlich. Doch angesichts des andauernden Krieges wird Lyskun in der Ukraine nicht als gewöhnliche Athletin betrachtet, sondern als Vertreterin eines Landes unter Angriff. Ihre Begründung wird daher intensiver diskutiert als in friedlichen Zeiten.
Ihre bisherige Karriere im Überblick
Vor der aktuellen Kontroverse galt Lyskun als eine der hoffnungsvollsten jungen Springerinnen des Landes. Sie gewann 2023 bei den Europameisterschaften in Belgrad Gold im Synchronspringen vom 10-Meter-Turm zusammen mit Kseniia Bailo, laut Reuters. Zuvor hatte sie bereits 2018 in Glasgow Teamgold geholt. Diese Erfolge machten sie zu einer der sichtbarsten Figuren im ukrainischen Wasserspringen.
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Durch ihren angekündigten Nationenwechsel stellt sich nun die Frage, ob und wann sie international für Russland antreten könnte. Normalerweise gelten Wartefristen bei einem Wechsel der Sportnationalität, hinzu kommen Einschränkungen durch die bestehenden Sanktionen gegen russische Sportprogramme.
Ein Spiegelbild der politischen Realität im Sport
Der Fall Lyskun zeigt, wie eng Leistungssport, Herkunft und politische Loyalität in Kriegszeiten miteinander verwoben sein können. Während die Ukraine versucht, ihre kulturelle und nationale Identität unter schwierigen Bedingungen zu behaupten, geraten Athleten, die sich Russland zuwenden, unweigerlich ins Zentrum einer größeren Debatte.
Die Entscheidung internationaler Verbände über Lyskun könnte Hinweise darauf geben, wie ähnliche Fälle künftig bewertet werden und wie stark geopolitische Spannungen das internationale Sportsystem weiterhin prägen.
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