Jeremy Doku: Die Entwicklung von Manchester Citys skrupellosem Zauberer
Bei einem 3:0‑Sieg, der Citys Dominanz in der Premier League eindrucksvoll unterstrich, verwandelte der 22‑jährige Belgier das Spiel in eine Demonstration kontrollierten Chaos – er zerlegte die Verteidigung mit Gelassenheit und Überzeugung.
Man konnte spüren, wie das Etihad bei jeder Ballberührung mitging.
Bereit für die große Bühne
Dokus Auftritt war kein einzelner Highlight‑Moment. Es waren 90 Minuten furchtloser Offensivlust – eine rundum starke Vorstellung, wie sie große Flügelspieler auszeichnet. Seine Leistung weckte Erinnerungen an Thierry Henrys Hattrick gegen Liverpool im Jahr 2004 und David Silvas Regie beim 6:1‑Triumph gegen Manchester United im Jahr 2011.
Langsam entfacht – und doch hochexplosiv
Als City 2023 rund 55,5 Millionen Pfund (ca. 73 Mio. USD) bezahlte, um Doku von Rennes zu verpflichten, stellten viele den Preis für einen noch nicht voll entwickelten Spieler infrage. Sein wagemutiger Stil passte nicht immer zu Pep Guardiolas präzisem Spielsystem.
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Doch die Talentblitze waren unübersehbar. Bei seinem Heimdebüt gegen Fulham erhoben sich die Fans jedes Mal, wenn er den Ball bekam. Kurz darauf traf er gegen West Ham und schrieb anschließend gegen Bournemouth Premier-League-Geschichte: Als jüngster Spieler überhaupt war er an fünf Toren in einem Spiel beteiligt (vier Assists, ein Treffer).
Dann folgte eine sechswöchige Verletzungspause. Zehn Spiele lang blieb Doku ohne Torbeteiligung, seine Rolle beschränkte sich auf Joker-Einsätze. Doch diese Phase schärfte seinen Fokus.
„Diese Zeit hat mir gezeigt, wie sehr ich mich beweisen will“, sagte er kürzlich.
Peps wachsendes Vertrauen
Guardiolas Verhältnis zu Doku ist eine Mischung aus harter Schule und aufrichtiger Bewunderung.
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„Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er jemals ein Top‑Torjäger wird“, sagte Guardiola nach dem Spiel am Sonntag. „Aber er hört zu, und er hat besondere Dribble‑Fähigkeiten. Er war aggressiv – mit und ohne Ball.“
Letzte Saison kritisierte Guardiola ihn für Ballverluste und setzte ihn in wichtigen Champions‑League‑Spielen auf die Bank. Jetzt hat Doku sich seinen Platz erkämpft – er stand in 11 von 17 Saisonspielen in der Startelf und spielte bisher jede Partie in Europa von Beginn an.
Wie zuvor Jack Grealish oder Josko Gvardiol brauchte auch Doku Zeit, um Guardiolas taktische Anforderungen zu verinnerlichen. Der Unterschied: Er hat das geschafft, ohne seine natürliche Spielfreude zu verlieren – jene Unberechenbarkeit, die ihn so gefährlich macht.
Von Antwerpen ins Etihad
Diese Unberechenbarkeit entstand lange vor seiner Zeit in Manchester. In Antwerpen verbrachte Doku Stunden auf Betonplätzen mit seinem Bruder Jefferson, dribbelte bis zur Dunkelheit. Sein Stil – Kopf unten, Verteidiger herausfordernd – war schon mit zehn Jahren markant, als er in die Akademie von Anderlecht wechselte.
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Thierry Henry, der mit Doku beim belgischen Nationalteam arbeitete, nannte ihn einmal einen Spieler „ohne Grenzen, aber mit großem Bedarf an Führung“. Im Gespräch mit CBS Sports sagte Henry: „Er kann abschließen, aber manchmal muss man verlangsamen, neu beschleunigen – um das große Ganze zu sehen.“
Genau dieses Verständnis prägt heute Dokus Entwicklung – zu wissen, wann man warten, wann man explodieren und wann man das Spiel entscheiden muss.
„Sexy Football“, sagt Keane
Selbst die schärfsten Kritiker konnten ihre Begeisterung nicht verbergen. „Ich könnte das den ganzen Tag anschauen“, sagte Roy Keane bei Sky Sports. „Sexy Football – fantastisch. Ich liebe solche Tore.“
Ex‑City‑Verteidiger Micah Richards ergänzte: „Er hat sein Spiel auf ein neues Level gehoben. Früher lief er oft in Sackgassen – jetzt wählt er die richtigen Momente.“
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Ex‑Stürmer Daniel Sturridge lobte seinen Markenzeichen‑Move – eine Finte mit anschließendem Antritt, den er „den Zauberstab“ nennt. „Diese Bewegung funktioniert bei ihm immer“, sagte er. „Wenn er sich entscheidet zu gehen, ist er nicht zu stoppen.“
Spielen ohne Angst
Für Doku geht der Wandel über Taktik hinaus. Nachdem er im September nach dem Manchester‑Derby getauft wurde, sagt er, seine Spiritualität gebe ihm Halt.
„Was sich in dieser Saison für mich geändert hat, ist, dass Gott in meinem Leben ist“, sagte er Sky Sports. „Ich will ohne Angst und Zweifel spielen.“
Auch seine Teamkollegen seien ein großer Rückhalt. „Sie glauben an mich – und das gibt mir das Gefühl, in jedem Spiel noch mehr bringen zu müssen“, sagte er. „Jeden Tag will ich mich verbessern.“
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Und wie Liverpool leidvoll erfahren musste: Ein selbstbewusster Jeremy Doku ist kaum zu halten.
Das größere Bild
Dokus Aufstieg spiegelt die Entwicklung von Manchester City unter Guardiola wider – ein Gleichgewicht zwischen Struktur und Freiheit, Kontrolle und Chaos. Was einst als Rohdiamant galt, verkörpert heute Guardiolas Ideal eines Flügelspielers: diszipliniert und zugleich mutig, technisch stark und furchtlos.
Wenn diese Entwicklung anhält, könnten sich die 55 Millionen Pfund bald als einer der klügsten Transfers in Citys Geschichte erweisen.
Quellen: Sky Sports, Opta, CBS Sports, Reuters, BBC, AP
