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Judo holt russische Athleten trotz anhaltendem Krieg zurück ins internationale Feld

Eine Entscheidung, die Sport und Politik eng miteinander verknüpft, hat am Donnerstag die internationale Judolandschaft aufgerüttelt. Der Internationale Judoverband hat Russland wieder das Recht eingeräumt, mit eigener Flagge und eigener Hymne zu starten. Damit rückt eine Debatte erneut in den Vordergrund, die den Weltsport seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine begleitet.

Eine Entscheidung geprägt von Politik und sportlicher Identität

Wie France 24 und AFP berichten, bestätigte der Internationale Judoverband IJF, dass russische Judoka künftig wieder vollumfänglich unter nationalen Symbolen antreten dürfen. Der russische Verband sprach von einer historischen Entscheidung und von einer Rückkehr zu normalen Wettkampfbedingungen.

Der ukrainische Judoverband reagierte empört und warf der IJF vor, Prinzipien wie Frieden, Gerechtigkeit und Verantwortung zu missachten. In einer Stellungnahme auf seiner Website kündigte er an, alle rechtlichen und organisatorischen Schritte prüfen zu wollen, um die Umsetzung zu stoppen. Nach ukrainischer Darstellung widerspricht der Beschluss zudem Empfehlungen des Internationalen Olympischen Komitees, das weiterhin strenge Neutralitätsauflagen verfolgt.

Die Entscheidung trat sofort in Kraft. Damit können russische Athleten schon beim Grand Slam in Abu Dhabi wieder unter ihrer Flagge antreten. Sollte eine russische Sportlerin oder ein russischer Sportler Gold gewinnen, würde erstmals seit Anfang 2022 wieder die Nationalhymne auf einem internationalen Judopodest erklingen.

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Reaktionen zwischen Konflikt und Symbolik

Der Beschluss fällt in eine Phase, in der der Krieg in der Ukraine unvermindert weitergeht. France 24 berichtete, dass der russische Präsident Wladimir Putin erneut betonte, der Krieg werde erst enden, wenn die Ukraine von Russland beanspruchte Gebiete abgebe. Der ukrainische Judoverband verwies in seiner Kritik darauf, dass täglich Menschen getötet würden, darunter auch Athleten, Trainer, Freiwillige und Kinder.

In Russland hingegen wurde die Wiederzulassung positiv aufgenommen. Sportminister Michail Degtjarjow begrüßte die Entscheidung und hob hervor, wie beliebt Judo in Russland sei. Putin, selbst Schwarzgurt und langjähriger Judopraktiker, war früher offizieller Botschafter des IJF, eine Rolle, die nach Kriegsbeginn ruhend gestellt wurde und dennoch zur symbolischen Bedeutung des Sports in Russland beiträgt.

Hintergrund für Leserinnen und Leser außerhalb der Sportwelt

Seit Beginn des Krieges 2022 stehen russische Athleten im Mittelpunkt internationaler Sanktionen im Sport. Viele Weltverbände untersagten ihnen das Starten unter nationaler Flagge oder schlossen sie ganz aus. Andere, wie das IOC, erlauben lediglich starts als neutrale Athleten ohne nationales Emblem.

Judo nimmt in diesem Spannungsfeld eine besondere Rolle ein. Der Sport gilt in Russland als eng mit der politischen Führung verbunden. Putins öffentlich gepflegte Judoaffinität hat dem Sport eine prominente Stellung im staatlichen Selbstbild verschafft. Deshalb erhält jede Veränderung der internationalen Judo Regularien eine politische Dimension, die weit über die Tatami hinausreicht.

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Gleichzeitig zeigt die Entscheidung der IJF, wie schwierig es für Sportinstitutionen ist, zwischen individueller Fairness gegenüber Athleten und der politischen Verantwortung gegenüber den Handlungen von Staaten abzuwägen. Die Frage, ob Athleten für politische Entscheidungen ihrer Regierungen haftbar gemacht werden sollen, entzweit die internationale Sportgemeinschaft weiterhin.

Eine sich wandelnde Sportlandschaft

Sergej Solowetschik, Präsident des russischen Judoverbandes, lobte die IJF und bezeichnete sie als ersten großen Sportverband, der russischen Athleten wieder den vollständigen nationalen Status gewähre. Die IJF verwies darauf, dass Belarus bereits zuvor unter ähnlichen Bedingungen zurückgekehrt sei, und erklärte, es sei nun angemessen, Russland ebenso zu behandeln.

Obwohl zahlreiche Sportarten weiterhin harte Sanktionen aufrechterhalten, ist Judo nicht das einzige Beispiel für eine Lockerung. Der Internationale Boxverband, der damals von einem russischen Präsidenten geführt wurde, erlaubte ebenfalls die Rückkehr von Flagge und Hymne bei seinen Veranstaltungen. Die IJF begründete ihren Schritt damit, dass Athleten nicht für politische Entscheidungen ihrer Staaten zur Verantwortung gezogen werden sollten und dass Sport eine Brücke zwischen Nationen bleibe, selbst in Zeiten scharfer Konflikte.

Der ukrainische Verband widersprach entschieden und erklärte, Brücken entstünden nur dort, wo Frieden herrsche. Der Streit zeigt, wie umstritten die Rolle des Sports in Kriegszeiten ist und wie schwer es ist, Neutralität im internationalen Wettbewerb überhaupt zu definieren.

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